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Portraet - Foto Dietmar Schmitt
16vor

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Thomas Albrecht ist Vater von drei Kindern, Staatsanwalt, Presbyter und Mitglied des Stadtrats. Und irgendwie ist der Mariahofer auch Journalist, zumindest ein “verhinderter”, wie er selbst von sich sagt. Mit seiner Homepage und einem Webblog erreicht er inzwischen zahlreiche politisch interessierte Trierer, und mitunter hängt Albrecht selbst die etablierten Online-Medien ab - zumindest in punkto Schnelligkeit. Dass den Vize-Vorsitzenden der Unionsfraktion auch politische Ambitionen umtreiben, dementiert er jedoch: er wolle nicht mehr werden, als er jetzt schon ist, erklärt er im Gespräch mit 16vor.

TRIER. Thomas Albrecht wäre gerne Journalist geworden. In den 1970er Jahren studierte er an der Mainzer Gutenberg-Uni neben Jura auch Publizistik; für den Volksfreund kam er einige Male als freiberuflicher Gerichtsreporter zum Einsatz, und bei einer nordrhein-westfälischen Zeitung hätte er gar volontieren können. Weil Albrecht aber rasch für sich erkannt hatte, dass der Journalismus “so eine brotlose Kunst ist”, und sein Vater ihm einst mit auf den Weg gegeben hatte, einen “ordentlichen Beruf” zu ergreifen, sitzt er statt in einer Redaktion nun im vierten Stock der Trierer Staatsanwaltschaft.

“Ich bin ein bisschen ein verhinderter Journalist”, sagt er über sich, und mitunter glaubt man es ihm anzumerken, wie sehr er es zu bedauern scheint, nicht zur schreibenden Zunft zu gehören. Zum Beispiel dann, wenn Albrecht, wie er sagt, “utopische Gedankenspielereien” anstellt und darüber sinniert, wie es wohl wäre, wenn er eine richtige Zeitung machen könnte: “Dann würde ich sogar mein Parteibuch zurückgeben”.

Das mit der Zeitungsgründung scheint einstweilen nicht zu erwarten, weshalb die Union auch nicht befürchten muss, dass ihr Ratsmitglied ihr schon bald abhanden kommen könnte. Doch ein Parteibuch hat Albrecht schon zurückgegeben: In seinem früheren politischen Leben war er nämlich ein Liberaler, stand sogar fünf Jahre an der Spitze der FDP-Stadtratsfraktion. Ende 1994 dann verließ er die Freidemokraten. Heute ist der 51-Jährige Vorsitzender der Mariahofer CDU und Vize-Fraktionschef seiner Partei im Stadtrat. “Ich bin schon sehr viel mehr geworden als ich eigentlich noch werden wollte”, dementiert er ihm nachgesagte Ambitionen und versichert: “Ich bin und bleibe ein kleines Ratsmitglied”.

Rein persönliche Seite

Ansonsten bliebe ihm wohl auch keine Zeit mehr für seine große Leidenschaft, das Schreiben. Denn wenn Parteifreunde und Ratskollegen nach dem Ende von Sitzungen den Abend noch gemütlich im Rathauskeller ausklingen lassen, sitzt Albrecht oft schon vor seinem PC und verfasst seine Sicht der Dinge. Der Leser erfährt dann vom Verlauf der Haushaltsdebatte oder was kurz zuvor in einem Fachausschuss beraten wurde. Dabei scheint der Christdemokrat darum bemüht, möglichst sachlich und objektiv zu berichten. Dass ihm dies nicht immer gelingt, weiß er selbst: “Meine Homepage ist ja eine rein persönliche Seite”, stellt er klar, und bei einigen Themen kann und will er auch nicht neutral bleiben. So, wenn er sich beispielsweise vor die UBM und deren Namensgeber Maximini stellt. Was die Fraktionskollegen von Albrechts Berichterstattung halten? “Das weiß ich ehrlich gesagt nicht”, räumt er ein, um dann zu berichten, dass er “eigentlich nur positive Rückmeldungen” erhalte. Selbst aus den Reihen der SPD sei er für seine Seite gelobt worden. Namen nennt er nicht, denn “das wäre denen wahrscheinlich peinlich”.

Bis zu 6.000 Besucher monatlich verzeichnet Albrecht nach eigenen Angaben auf seiner Homepage. Das wäre beachtlich. Und wie den sogenannten professionellen Journalisten unterlaufen auch ihm hin und wieder Fehler. So attestierte er kürzlich einem Ratsmitglied eine Sportverletzung. Dies sei wohl auch der Grund für dessen angeblich schlechte Laune während einer Ratsitzung gewesen, mutmaßte Albrecht. Tatsächlich hatte sich der Sozialdemokrat wenige Tage zuvor einer lange geplanten Operation unterziehen müssen.

Bloggen mit offenem Visier

Mitunter verharmlost Albrecht auch schon mal Vorgänge: So berichtet er in seinem Tagebuch, dass er am 20. September letzten Jahres der Wiedereröffnung der Orangerie im Nell’s Park Hotel beiwohnte: “Im Vorfeld hatte es ein wenig Ärger um den Umbau gegeben, weil der Architektur- und Städtebaubeirat den ein oder anderen Einwand hatte. Aber jetzt war alles in Wohlgefallen aufgelöst”, erfährt der Leser. Das ist eine nette Umschreibung für das, was sich wirklich zugetragen hat: Der städtische Denkmalpflegebeirat hatte die Umbaupläne für die Orangerie entschieden abgelehnt, doch setzte sich der Hotelbesitzer sowohl über die fehlende Baugenehmigung wie auch die Einwände der Verwaltung hinweg und schuf kurzerhand Fakten (wir berichteten).

Abgesehen von solchen Details ist Albrechts Website immer einen Besuch Wert, verschafft sie Interessierten doch auch einen Eindruck vom prall gefüllten Terminkalender eines Ratsmitglieds und Presbyters. Dass er zusätzlich noch in der Blogosphäre der Lokalzeitung präsent ist, erklärt er folgendermaßen: “In den Volksfreund-Blogs überwiegt doch sehr das linke Spektrum, da bin ich mit meinen Standpunkt fast allein auf weiter Flur”. Albrecht versteht sich als konservatives Gegengewicht, und wie es seine Art ist, streitet er mit offenem Visier; womit er sich von den meisten seiner Blog-Kollegen unterscheidet, die sich hinter Namen wie Erdrandbewohner, Abgeschmackt oder Muschelsucherin verstecken. “Es wäre mir manchmal lieber wenn ich wüsste, mit wem ich es zu tun habe”, sagt Albrecht und zeigt doch Verständnis, dass manche lieber anonym bleiben wollen.

von Marcus Stölb

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